Die Zukunft des Einsatzes ziviler Hubschrauber - Die Biene der Luftfahrt ist gefährdet

Der zivile Hubschrauber hat eine gewaltige Entwicklung durchlaufen. Aus dem einstigen „lärmi-
gen Teppichklopfer“ wurde ein umweltfreundliches High-Tech Werkzeug. Parallel dazu sind die Einsatzgebiete stetig gewachsen. Von der sehr wichtigen Luftrettung, über Katstrophenschutz und Seenotrettung bis hin zu zahlreichen Aufgaben der Arbeitsfliegerei - Hubschrauber leisten sehr viel für die Gesellschaft. Neue Regelungen der europäischen Agentur für Luftsicherheit EASA und der nationalen Behörden gefährden aber seinen Einsatz in vielen Bereichen.

Unter dem Titel „Die Rolle des zivilen Hubschraubers im technologischen und sozio-ökonomischen Wandel“ hat der Deutsche Hubschrauberverband (DHV) zu einer Konferenz am Donnerstag, den 22. Mai, ab 14 Uhr im Konferenzzentrum der ILA eingeladen. Moderiert von Judith Rakers, bekannt aus der ARD Tagesschau und anderen TV Formaten diskutieren Experten aus Politik, Industrie und Hubschrauberbetreiber die wichtigsten Themen. „Wir haben das Bild vom Hubschrauber als „Biene der Luftfahrt“ entwickelt“, so Thomas Hein, Vorsitzender der Geschäftsführung des DHV. „Wie eine fleissige Biene fliegen Hubschrauber ständig für das Wohl der Gemeinschaft, meistens sogar, ohne dass man ihre Leistungen wahrnimmt. Aber sie sind, wie die Bienen, akut gefährdet auf Grund verschiedenster Umstände“, erklärt Hein.

Gründe dafür sind die immer weiter zunehmenden Verordnungen auf nationaler und europäischer Ebene, um die Sicherheit zu erhöhen, obwohl Europa bereits über den sichersten Luftraum weltweit verfügt. Die jüngsten Gesetze beinhalten neue Regelungen u.a. für das Operieren nur noch zwischen zugelassenen Landeplätzen, das Alter von Piloten bei der Luftrettung oder Schichteinsatzzeiten. Besonders der erste Punkt könnte dramatische Konsequenzen in Deutschland haben. „Wir verlieren möglicherweise bis zu 50 Prozent unserer Landeplätze an Krankenhäusern“, schätzt Dr. Iris Juditzki von der deutschen Krankenhausgesellschaft.

„Schlussendlich wird dies zu Lasten der Patienten gehen“, so Juditzki weiter.

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte AGE 60 Regelung. Laut dieser dürfen Piloten, die älter als 60 Jahre sind, im kommerziellen Lufttransport nicht mehr alleine im Cockpit sitzen. Das bedeutet, dass „ein solcher Pilot noch nicht einmal mehr eine Leber von A nach B fliegen darf, weil dies zum kommerziellen Lufttransport gehört, während es ihm erlaubt ist, alleine komplexe Missionen in der Arbeitsfliegerei wie Baumsägearbeiten auszuführen“, bemerkt Georgios Kipros, CEO Rotorflug.

Für Klaus Gehrmann, Vorstandsmitglied im DHV, „ist eines unserer Hauptprobleme, dass die Gesetze zum Luftverkehr in Deutschland und Europa zu wenig zwischen Flächenflugzeugen und Hubschraubern differenzieren. Wir können eben starten und landen mehr oder weniger wo immer wir wollen und müssen dies ja auch vielfach bei Notrettungen. Warum zwingt man uns dann nur von Flugplätzen aus zu operieren?“ Obwohl in allen relevanten Arbeitsgruppen vertreten, wurden die Eingaben des europäischen Dachverbandes EHA (European Helicopter Association), der die Anliegen der nationalen Verbände bündelt, seitens der EASA bislang weitestgehend nicht wahrgenommen.

„Wir benötigen die Unterstützung der nationalen Behörden sowie der Politik und der Europäischen Kommission, damit unsere Unternehmen in einem passenden Gesetzesrahmen verlässlich und marktkonform arbeiten können“, analysiert Vittorio Morassi, Präsident der EHA.

Eine weitere negative Entwicklung aus Sicht des DHV ist die schleichende Zurückdrängung der einmotorigen Hubschrauber. „Wenn man sich die Veränderungen der letzten Jahre ansieht, bekommt man den Eindruck, dass die Behörden am liebsten überall nur noch zweimotorige Hubschrauber im Einsatz sehen würden. Nur, unsere Kunden werden uns nicht einen viermal so hohen Preis dafür zahlen, dass wir Pipelines inspirieren, oder doppelt so viel dafür, dass wir Hochspannungsleitungen kontrollieren“, so Jan Dammes, Geschäftsführer von Aeroheli. Damit wären ganze Branchen der Arbeitsfliegerei, die nur einmotorig operieren, gefährdet.

Die Konferenz wird alle diese Themen diskutieren, um die Öffentlichkeit für die potenziellen Konsequenzen der Veränderungen im Hubschrauber-Betrieb zu sensibilisieren. „Denn wie bei der Biene besteht die Gefahr eines Dominoeffektes, der am Ende einen signifikanten Einschnitt in der Versorgung der Gesellschaft bedeutet“, warnt Thilo Scheffler, Geschäftsführer des DHV.

Der Verband wird weiter bei den nationalen Behörden als auch über die EHA bei der EASA auf die negativen Auswirkungen der neuen Regeln hinweisen mit dem Ziel, diese so zu adaptieren, dass auch in Zukunft der Betrieb von Hubschraubern für die Gesellschaft gesichert ist.

Der Deutsche Hubschrauber Verband e.V. wurde 1959 gegründet, zum Zwecke der Förderung aller Maßnahmen welche geeignet sind, die umfassende Verwendung des Hubschraubers entsprechend seiner besonderen technischen Eigenschaft zu erleichtern. Er unterstützt das Bestreben, das zivile Hubschrauberpotential in der Bundesrepublik Deutschland und international zu erhöhen.
Darüber hinaus fördert er den Gedanken und alle Maßnahmen, zivile Luftfahrzeuge für Hilfeleistungen bei Unglücksfällen, Katastrophen und im Rahmen des zivilen Bevölkerungsschutzes sowie zur Abwendung von Gefahren der Allgemeinheit einzusetzen. Der DHV erstrebt keine gewinnbringende Tätigkeit.